Bild Mensch & Neander

Handy & Neander
bei der Arbeit

 

 

Warum weiß man so genau, wie die Figur in einem Buch aussieht, auch wenn es kein Bild von ihr gibt und sie nicht einmal sorgfältig beschrieben wird? Wie es kommt, dass unser Kopf beim Lesen für die Bilder sorgt.

 

Ein Zitat aus diesem Artikel:

 

Was in unserem Kopf passiert, wenn wir lesen.

 

Von Fridtjof Küchemann vom 13.10.2017 in FAZ .Net

 

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/familie/wie-erklaere-ich-s-meinem-kind/kindern-erklaert-vorstellungskraft-beim-lesen-15243055.html

 

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Placebo - ein Scheinarzneimittel, das wirkt ohne Wirkstoff. Das ist das Thema. Was löst diese Effekte aus, was macht da unser Hirn?

 

Die Grundidee des evolutionsblog hilft da ganz gut weiter. Die Einteilung unseres Gehirns in die alten Teile = Evo und die neuen Teile = Telli.

 

Unser Evo ist ein Prozessrechner, der direkt und originär lebt aber nicht nachdenkt. Dazu brauchen wir nämlich eine andere Sprache und eine andere Technik.

 

Der Prozessrechner wird gefüttert durch Milliarden Daten aus allen sensorischen Bereichen. Fühlen, hören, sehen, Druck, Zug, warm, kalt, aua, aufregend, erotisch, sauer, salzig, eklig, Herz klopft, Arm kribbelt, Füße fühlen spitze Steinchen, Finger spüren Flüssiges warm am Arm.     Blut ?, Augen sehen nichts – Nacht ?, Ohnmacht ?, blind?

 

Aber all das erzählt keine Geschichte, formt eine Erinnerung in biologisch-technischer Natur aber keine Bilder, die man an die Erben, den Arzt oder den Nachbarn in der Höhle weitergeben kann und natürlich nicht an sich selbst.

 

Alles wird gesammelt im Homunculus, dem Innenbild vom Außenbild, damit man die sensorischen Daten auch den richtigen Fingern zuordnen kann und erfährt, wo es warm, kalt oder spitz ist oder weht tut und blutet. Wir kennen jedoch nur den Homunculus. Unsere Hülle ist lediglich dorthin projiziert. Unser Außen steht uns selbst nicht zur Verfügung.

 

Hier passt es hin:  All die vielen anderen Menschen auch nicht. Auch sie sind projizierte Informationen aus empfangenen Daten und werden im Hirn zu weiteren Fremdhomunculi.

 

Der Telli dagegen, ist ein Datenrechner. Langsam, zeitversetzt und mit der Fähigkeit Zahl und Sprache zu benutzen und zu kommunizieren. Das ist vereinfacht, alles, was der Evo nicht kann, wir Menschen aber schon. Tiere haben davon sehr wenig. Sie haben freilich Erinnerungen, aber auf Maschinenebene. Just in time abrufbar, aber nicht willentlich, nicht transformierbar und nur momentan und spontan. Sie lernen nicht ein Leben lang immer weiter. Sie sind stabil ausgebildet und ausgerichtet und hinterfragen das nicht. 

 

Sie haben eben keine Geschichten, kein episodisches Gedächtnis, mit dem man unterweisen oder einfach nur gute Nachtgeschichten erzählen kann.

 

Das Upgrade zum Telli ist ein komplett neues Teil, weil es insbesondere nicht Prozesse rechnet, sondern Daten speichert, sortiert und vergleicht und erneut sortiert und erneut vergleicht. Mit Daten sind fixierte Informationen gemeint, die nicht zerfließen, sondern exakte Augenblicksinformationen in der Zeit bewahrt, in der sie entstanden. Er, der Telli, operiert im Hintergrund mit dem Prozessrechner, aber seine Ergebnisse sind sprachlich verarbeitet, einigermaßen sortiert, auf Festplatten abrufbar, einsehbar und können, wenn gewollt, auch geändert abgespeichert aufbewahrt werden. Sie können mit allen anderen erfassten Daten erneut geändert und/oder im Original gespeichert werden. Dieses Upgrade, dieses Hirnteil, der "Telli" musste völlig neu konstruiert werden. Es gab keinen anderen Weg.

 

Die extrem miesen Aussichten der schwächlichen Spezies erschufen eine enorme Wut auf diese Unterlegenheit, eine besondere Art des Antriebes. Wenn wir etwas unbedingt wollen, viel Energie hinein stecken, dann erreichen wir etwas. Das ist der Effekt, der uns von allen anderen Lebewesen trennt. Wir erwerben durch wollen Erkenntnisse, die neu sind und eine Weile einmalig. Wir verändern uns selbst kraft unseres Willens.

 

Diese unerbittliche Urwut in uns, diese Aggressivität, das nicht hinnehmen können von Misserfolgen und Niederlagen, ist das Feuer, in dem der Telli geschmiedet wurde. Und genau diese aggressive Wut, hat uns beflügelt, aber auch all die Massaker der Menschheitsgeschichte in Wirklichkeit verursacht. Sie stirbt nicht aus, das kann sie nicht. Sie ist unser Erbe. Nur wegen dieser absurden Unnachgiebigkeit sind wir schlau geworden. Aus der Not geboren.

 

Denn unsere Spezies, ursprünglich reichlich mickrig ausgestattet, ohne Körperwaffen (Zähne und/oder Klauen), kein Panzer, kein Fell, keine Krallen zum Klettern, hatte keine echte Chance. Mehrere Hirnupgrades pimpten uns zum heimtückischen, immer weiter raffinierten Killer. Das sind wir halt jetzt. Der Killer in uns ist jedoch in den modernen Zeiten völlig unterfordert. Unsere Zuchttiere zu jagen ist sinnlos, sie stehen im Stall. Ölpalmen, Getreide, Kartoffel und Weintrauben verteidigen sich nicht. Bodenschätze liegen nur so rum. Bleibt als würdiger Gegner zum Kämpfen, zur inneren Ertüchtigung nur die eigene Sippe; Nachbarn einfach, an denen man sich austoben kann. Es gibt keine Ausrede, die dafür nicht schon erfunden wurde und als Rechtfertigung herhalten musste. Kämpfer wollen Kämpfen. Urwut eben. Was wir sind, sind wir deshalb.

 

Die Unterlegenheit erzwang das Upgrade. Nur wir erhalten aus dem nach und nach gewachsenen Tellihirn verschiedene Sichtweisen – Erinnerungen mit Aspekten. Und nur dieses Teil kann unterrichtet werden und mit theoretischen Fragen jonglieren und Erkennntisse erzeugen und diese festhalten und kommunizieren.

 

All das, wird im Datenformat bewahrt, aber im Hintergrund auf Maschinenebene bearbeitet.

 

Der Telli kann nur dies und der Evo kann nur das. Darin steckt unsere angeborene zur Spezies gehörende unvermeidliche Schizophrenie.

 

Die Durchlässigkeit ist unerforscht und da sind wir beim Placebo-Effekt.

 

Der Abgleich zwischen den beiden Sphären Evo und Telli, erzeugt diesen Effekt.

 

Die Durchlässigkeit zwischen beiden Ebenen, auf technischer Ebene zu verstehen, ist sicher eine Herausforderung.

 

Hier genügt die Interpretation, wie beide einander bedingen. Ohne den Evo, den jedes höhere Tier mit Sinnen haben muss, gibt es Leben nicht. Er ist die Basis, auf der der Telli entwickelt wurde. Der benötigt sichtbar ein anderes Hirn, mit anderen Speicherungen und ein Kommunikations- mittel das vom Evo nicht verstanden, aber von ihm generiert wird.

 

Die Maschinensprache hat ein Übersetzungsprogramm für den Telli entwickeln müssen. Es gehört zum neuen Teil und muss aber aus dem alten Teil generiert werden. Hier steckt oder liegt die dünne Membran der Durchlässigkeit zwischen beiden.

 

Ich rufe: „Werfe mir mal den Ball hierher“.

 

Ich will den Ball.

 

Die Nachricht wird im Evo zur Aktivierung der Stimmbadkontrolle und der Lunge und weiterer Muskeln und notweniger Steuerung aller benötigten Aktivitäten prozessrechnerisch durchgeführt. Kaum gedacht, schon geäußert. Stimmbänder, Zunge, Mundhöhle, Luft ausblasen, alles nahezu in-time mit der Erscheinung der Idee.

 

Sprache wird im Homunculus zu Maschinenbefehlen und dann hört mein Gegenüber Geräusche aus Luftdruckwellen = Schallwellen. Ihr/Sein Homunculus macht aus Schallwellen die Erkenntnis, der will den Ball haben. Nach Entscheidung, ob er ihn bekommen soll, macht Ihr/Sein Evo mit der Entscheidung – superschnell die Wurfvorbereitung (Blick, Richtung, Entfernung und Köperhaltung, Bein rechts hinten, links vor, Körper rechts eindrehen Arm hoch und nach hinten und wirft. Das Handgelenk nach hinten abgeknikt, verstärkt durch Vorklappen den Wurfimpuls und sichert durch präzises Öffnen der Hand die gewünschte Richtung und Entfernung durch den Abwurfwinkel und die Kraft.

 

Man sieht am Text, gesprochen geht das alles nicht. Werfen muss der Prozessrechner. Die Ausführung der Telli - Entscheidung, "o.k. ich werfe den Ball zum Partner", wird vom Evo initiiert und druchgeführt.

 

Jeder der sich in den Finger schneidet, oder den Ellenbogen anschlägt, greift hin und massiert die Stelle am Ellenbogen oder drückt die Wunde an der Hand zu. Wer sich verbrennt, schüttelt rasch das betroffene Glied. Wer sich den Zeh stößt, zieht das Bein hoch und hüpft auf dem anderen und fasst dann hin und untersucht, bewegt und massiert die schmerzende Stelle. Der Evo macht geplant Schmerz wichtiger als er ist, damit wir reagieren und uns Verletzungen ansehen - quais prüfen. Erfolgt Aufmerksamkeit, verringert der Evo den zuvor übertriebenen Schmerz. Dass wir uns zuwenden, beruhigt die Schmerzaussendungen. In dem Effekt steckt die Placebo-Wirkung. Maßnahmen sind evolutionär verdrahtet. Im Zusammenspiel mit dem Telli sind intellektuelle medizinische Kenntnisse einwebbar in das Verhalten und lösen die körperlichen Reaktionen mit aus. Erfahrungen mit bestimmten Vorgehensweisen oder medikamentösem Erfolg sammelt der Telli und so weit er sie versteht, wirkt das auf den Evo ausgedehnt als erprobter Beitrag zur Heilung und initiiert Rücknahme von Maßnahmen wie beispielsweise Entzündungen - ähnlich dem übetriebenen Schmerzsignal,das eingeschränkt wird.

 

All das findet im Homunculus zwischen Telli und Evo statt. Medizinkenntnisse des Telli mischen mit bei Schmerzlinderung und regulieren Heilungsanstrengungen. Wir erkennen und reagieren auf beiden Ebenen. Bei Schmerz, Trauer und Freude laufen Emotionen, die maschinensprachlich im Evo verursacht werden, auch in unserem neuen Hirnteil als Botschaft auf und sorgen für vermittelnde Reaktionen. Der Schmerz wird vom Hirn generiert und über den Homunculus so mitgeteilt, dass wir den richtigen Finger kennen. Der Finger sendet nur Signale ans Gehirn, der Evo sagt, wo es weh tut im Homunculus. Der Telli wirkt den evo umsorgend mit. Da werden Überschneidungen sichtbar.

 

Krankheitsursachen und Behandlung erzwingen eine Kommunikation, da beide Teile betroffen sind. So wie starke Emotionen beide betreffen müssen; parallel und überschneidend, sonst wären wir mit gefährlichen, gespaltenen und fehlgehenden Reaktionen beaufschlagt, die es freilich dennoch häufig gibt. Jeder kennt dies hin- und hergerissen sein.

 

Wenn mir, also meinem Telli, ein Arzt eine Behandlung durch ein Medikament erklärt, spricht er wegen der Verarbeitung der Botschaft auf Maschinenebene eben auch mit dem Evo, der im Homunculus Erwartungen pflanzt und wir können nicht sehen, wie und was davon auf chemisch-biologischer Ebene in die Körperorganisation hinein transportiert und ausgelöst wird.

 

Geistige Erkenntnisse – Heurekas – werden mit Euphorie beantwortet, das ist eindeutig beiden zugänglich. Der Evo und der Telli trauern zusammen und sie jubeln zusammen.

 

Gewiss herrscht selten vollständige Einigkeit, aber immerhin sie versuchen es.

 

Das ist bemerkenswerter Stoff für Forscher.

 

 

Anlass:  Ein sehenswertes Video, mit vielen offenen Fragen:

 

https://www.arte.tv/de/videos/046586-000-A/der-placebo-effekt/